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Grenzüberschreitende Inanspruchnahme medizinischer Dienstleistungen



In der EU wurde das Problem der grenzüberschreitenden Versorgung mit Gesundheitsleistungen schon längst erkannt und vor dem Hintergrund der Freizügigkeits- und Dienstleistungsfreiheit diskutiert. Auf den Normen des Primärrechts ergangene Rechtsprechung wurde mit einem entsprechenden Sekundärrechtsakt kodifiziert und in den Mitgliedstaaten umgesetzt. Daneben wurden die Koordinationsvorschriften zur Bestimmung des anzuwendenden Sozialversicherungsrechts in den grenzüberschreitenden Sachverhalten mit einer allgemein verbindlichen Verordnung vereinheitlicht.

A. EU-Rechtsrahmen
Zunächst ist der unionale Rechtsrahmen zu prüfen. Dies ergibt sich vor allem aus den Grundfreiheiten (insb. Dienstleistungfreiheit) sowie aus den auf Grund von Art. 168 AEUV durch die Union eingeleiteten Maßnahmen. Im sekundärrechtlichen Bereich bilden den Rahmen die allgemeinverbindlichen Koordinationsverordnungen und die umzusetzende Patientenrichtlinie.

1. Primärrecht
Primärrecht und darauf basierende Rechtsprechung des EuGH (dargestellt bei Fröhlich et al., 2011, S. 12 ff.)
Zu überlegen ist, ob der Patient einen Anspruch gegenüber dem zuständigen Träger auf genehmigungsfreie grenzüberschreitende ambulante Leistungsbeanspruchung und auf Kostenerstattung nach den Vorschriften über die Leistungsverpflichtungen des zuständigen Trägers aus Art. 56 AEUV ableiten kann. Grundsätzlich unterliegen die Gesundheitsleistungen dieser Vorschrift.
Dagegen ermächtigt AEUV in Art. 168 Abs. 2 die EU nur zur unverbindlichen Aufforderung von Mitgliedstaaten zu Zusammenarbeit mit dem Zweck die Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten herzustellen.

a. Art. 168 AEUV
Diese Vorschrift ermächtigt die EU nur zu einer unterstützenden und fördernden Wirkung im Bereich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die darauf abzielt, die Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern (Art. 168 Abs. 3 UAbs. 1 S. 2). Dabei bedient sich die EU der sog. offenen Koordinierungsmethode (OKM).

b. Art. 49 ff. AEUV
(...)

c. Art. 56 ff. AEUV
(...)

2. Koordinationsvorschriften
Die Koordinationsverordnung (VO 883/2004/EG) und die dazu gehörige Ausführungsverordnung Nr. 987/2009/EG stellen zwar keine selbständigen Anspruchsgrundlagen dar. Sie bestimmen jedoch, aus welchem nationalen Recht die betroffene Person (Versicherter oder seine Familienmitglieder) im Falle der Krankheit (andere Bereiche sind für die vorliegende Thematik außer Acht zu lassen) ihre Ansprüche ableiten können. Die Anspruchsvoraussetzungen sowie den Anspruchsinhalt bestimmt daher nicht mehr das unionale Recht sondern das nach der Verordnung anzuwendende nationale Recht.
Die Verordnung kommt aber erst dann zur Anwendung, wenn es sich um einen Sachverhalt mit der Auslandsberührung handelt. Dies ist dann zu bejahen, wenn:
  1. die betroffene Person in einem anderen Mitgliedstaat erwerbstätig ist als sie wohnt (Grundfall);
  2. sich in dem zuständigen Mitgliedstaat aufhält;
  3. sich in einem anderen Mitgliedstaat vorübergehend (als Tourist, Reisender usw.) als dem zuständigen Mitgliedstaat und Wohnsitz aufhält oder
  4. sich in den anderen Mitgliedstaat als der zuständige oder Wohnsitzstaat zur Behandlung begibt.

a. Grundfall
Im ersten Fall darf die betroffene Person die Gesundheitsleistungen im Wohnsitzstaat auf Kosten der Versicherung aus dem Mitgliedstaat der Erwerbstätigkeit in Anspruch nehmen und zwar in dem Umfang, als ob sie in dem Wohnsitzstaat versichert wäre (Art. 17 VO 883/2004). Maßgeblich ist daher das nationale Recht des Wohnsitzstaates. Die Abrechnung für die medizinischen Behandlungsmaßnahmen erfolgt zwischen dem Leistungserbringer und dem Versicherer des Betroffenen. Als Nachweis der Versicherung gilt hier eine Bescheinigung, die vom zuständigen Träger ausgestellt wird. Für die Inanspruchnahme von Leistungen im Wohnsitzstaat muss sich der Betroffene noch vorher beim Träger des Wohnorts eintragen lassen (Art. 24 Abs. 1 VO 987/2009). Der Träger ihres Wohnorts ist die Einrichtung oder die Behörde, die nach den Rechtsvorschriften, die für diesen Träger gelten, für die Gewährung der Leistungen an dem Ort zuständig ist, an dem die betreffende Person wohnt oder sich aufhält, oder, wenn es einen solchen Träger nicht gibt, den von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bezeichneten Träger (Art. 1 lit. r) VO 883/2004). Es besteht daher kein richtiges Wahlrecht zwischen den mitgliedstaatlichen Systemen. Die Betroffenen sollen nur ein System in Anspruch nehmen und zwar dies das Wohnsitzstaates.

b. Aufenthalt im zuständigen Mitgliedstaat
Die Betroffenen können die Sachleistungen in ihrem zuständigen Mitgliedstaat (i.d.R. Versicherungsstaat) nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich dort aufhalten (Art. 18 VO 883/2004). Dies schließt den Fall der Reise zur Behandlung in den zuständigen Staat nicht mit ein. Dies bedeutet, dass die solche Praxis wie sie auf der deutsch-polnischen Grenze stattfindet (viele in Polen wohnende aber in Deutschland wegen Erwerbstätigkeit versicherte Personen reisen zur Nutzung des ärztlichen Angebotes nach Deutschland), nicht mit der VO vereinbar ist. Dies wird zum einen dadurch bedingt, dass die deutschen Arbeitgeber nur die vom in Deutschland niedergelassenen Arzt ausgestellten Arbeitsfreistellung beachten. Zum anderen gehen viele polnische Bürger davon aus, dass die Qualität der ärztlichen Dienstleistungen in Deutschland höher ist als in Polen.

c. Aufenthalt außerhalb des zuständigen Mitgliedstaats
Die Personen, die nur in einem und demselben Mitgliedstaat wohnen und versichert sind, können die Leistungen aus dem anderen - benachbarten - Mitgliedstaat in Anspruch nehmen, wenn sie sich dort vorübergehend aufhalten (Art. 19 VO 883/2004). Es handelt ich hier um akute Behandlungsfälle (Unfälle), die auf dem Territorium des Behandlungsstaates notwendig erwiesen haben. Diese Regelung gilt in erster Linie für Touristen, Studierende, Geschäftsreisende usw. Die Formulierung von Art. 19 Abs. 1 VO 883/2004 schließt daher eindeutig die Fälle aus, in denen der Patient aus dem Krankenhaus in einem Staat notfalls in das Krankenhaus in dem anderen Staat überführt wird (da z.B. die medizinische Ausstattung der ersten Einrichtung nicht ausreichend war und die Beförderung zum anderen Krankenhaus in demselben Staat wegen des Zustandes des Patienten nicht zumutbar war).
Im Behandlungsstaat kann die betroffene Person die Sachleistungen bekommen, die medizinisch notwendig sind, wobei die Art der Leistungen und die voraussichtliche Dauer des Aufenthalts zu berücksichtigen sind. Die Leistungen sind dann notwendig, wenn der Versicherte nicht vorzeitig in den zuständigen Mitgliedstaat zurückkehren muss, um die erforderlichen medizinischen Leistungen zu erhalten (Art. 25 (3) VO 987/2004).
Diese Leistungen werden für Rechnung des zuständigen Trägers erbracht, wenn der Versicherte ein von dem zuständigen Träger ausgestelltes Dokument vor, das seinen Sachleistungsanspruch bescheinigt, vorlegt (Art. 25 A. (1) VO 987/2009). Als solches Dokument gilt u.a. die EHIC-Karte. Sonst hat der Patient die Kosten selbst zu tragen und erst später kann er diese von seinem zuständigen Träger fordern.

d. Reisen zur Inanspruchnahme von Sachleistungen
Die Einwohner des Grenzgebietes dürfen in einen anderen Mitgliedstaat reisen, um dort die Sachleistungen zu erhalten, wenn dies ihm vom zuständigen Träger genehmigt wurde (Art. 20 VO 883/2004). Hier kommen noch die Vorschriften der KoordinationsVO mit denen der Patientenmobilitätsrichtlinie in Konkurrenz. Der Patient darf wählen, ob er sich auf die Koordinationsverordnung oder auf die nationalen Vorschriften, die der Umsetzung der Richtlinie dienen, beruft. Nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 VO 883/2004 darf die Genehmigung nicht versagt werden, wenn die betreffende Behandlung Teil der Leistungen ist, die nach den Rechtsvorschriften des Wohnstaats der betreffenden Person vorgesehen sind, und ihr diese Behandlung nicht innerhalb eines in Anbetracht ihres derzeitigen Gesundheitszustands und des voraussichtlichen Verlaufs ihrer Krankheit medizinisch vertretbaren Zeitraums gewährt werden kann. Somit wird das Ermessen der Behörde auf Null geschrumpft.

e. Zwischenergebnis
Somit geben die Koordinationsvorschriften den Einwohner des Grenzgebietes keine besonderen Rechte bezüglich der Nutzung der Gesundheitseinrichtungen in dem Nachbarstaat. Sie können dortigen Sachleistungen nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich gerade in diesem Nachbarstaat aufhalten oder aufgrund der Genehmigung des zuständigen Trägers dort reisen, um Sachleistungen auf dessen Kosten zu erhalten. Diese Grundsätze gelten sowohl für die Grenzgänger als auch für diejenigen Personen, die nur in einem Staat wohnen und versichert sind. Ein Wahlrecht zwischen den Systemen der Gesundheitsfürsorge ist nicht ersichtlich.

3. Patientenmobilitätsrichtlinie
Im Falle geplanter Inanspruchnahme von medizinischen Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat sind auch die Regelungen der Patientenmobilitätsreichtlinie Nr. 2011/24/EU) sowie sie umsetzende nationale Vorschriften zu beachten. Nach dem ErG Nr. 30 der RL 2011/24/EU ist entweder die Richtlinie oder aber die Verordnung der Union zur Koordinierung der Sozialversicherungssysteme anwendbar.
Der Unterschied besteht dahingehend, dass die VO auf die Sachleistungen ausgerichtet ist. Dagegen geht es bei der Richtlinie und ihren Umsetzungsvorschriften um die Kostenerstattung. Des Weiteren gilt die Richtlinie nur für die Fälle, wenn der Patient sich zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Leistungen (noch) nicht im Behandlungsstaat befindet (Bieback in FuchsEuSR, 2013, RL 20122/24/EU Art. 1 Rn. 3).
Diese Vorschriften der Richtlinie wurden in Polen und in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Somit sind nur die nationalen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates anwendbar. Aus der Richtlinie selbst folgt aber, dass sie nicht zum Zweck hat, die Patienten zur grenzüberschreitenden Inanspruchnahme von medizinischen Dienstleistungen zu motivieren.

4. Fazit
Das unionale Recht schafft daher keine besonderen Rechtsgrundlagen, die den Einwohnern des Grenzgebietes erlauben würden, das ärztliche Angebot in dem Nachbarstaat in Anspruch zu nehmen.

B. Nationaler Rechtsrahmen
Zu prüfen ist daher, welche Möglichkeiten das nationale Recht anbietet.

1. Deutschland
Mehr dazu: Jakob/Neuweiler/Wetter in: Odendahl/Tschudi/Faller (Hrsg.), Grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, 2010, S. 155-224
Das Bundesministerium für Gesundheit vertritt die Ansicht, dass deutsches Recht die Anforderungen der Richtlinie erfüllt und damit keine grundsätzlichen Rechtsänderungen notwendig waren (BMG, Nr. 2).
Für die in Deutschland versicherten Personen, die Gesundheitsleistungen im Ausland in Anspruch nehmen wollen, sind § 13 Abs. 4 und 5 SGB V maßgeblich. Hier wird zwischen der ambulanten und stationären Leistungen unterschieden. Im ersten Fall werden dem Versicherten die Kosten der medizinischen Leistung erstattet, soweit auch ein ein originärer Leistungsanspruch im Inland besteht. Dagegen dürfen Krankenhausleistungen nach Abs. 5 nur nach vorheriger Genehmigung durch die zuständigen Träger (Krankenkassen) in Anspruch genommen werden ((Becker/Kingreen, SGB V, SGB V § 13 Rn. 46, beck-online).

2. Polen
In Polen erfolgte die Umsetzung der Patientenmobilitätsrichtlinie in Art. 42a ff. des Gesetzes über die Leistungen der Gesundheitsvorsorge (Ustawa z dnia 27 sierpnia 2004 r. o świadczeniach opieki zdrowotnej finansowanych ze środków publicznych). Nach Art. 42b Abs. 1 ist der Leistungsempfänger berechtigt, die Kosten der Leistung im Ausland zurückerstattet zu bekommen, wenn es sich um garantierte Leistungen handelt. Eine Vorabgenehmigung wird nur in den in Art. 42 Abs. 9 genannten Fällen gefordert. Der Katalog von genehmigungspflichtigen Leistungen wurde vom Gesundheitsminister in einer Rechtsverordnung bestimmt (Art. 42e Abs. 1).

3. Kooperation von Krankenkassen mit ausländischen Leistungserbringern
Ferner ist noch die Konstellation möglich, dass die inländischen Versicherungsstellen (Krankenkassen, Nationaler Gesundheitsfonds (NFZ)) mit den ausländischen Leistungserbringern (Ärzten, Krankenhäusern usw.) direkt Verträge zur Behandlung eigener Versicherten abschließen. Im deutschen Recht ergibt sich die Rechtsgrundlage dafür aus § 140e SGB V. Dagegen unterscheidet polnisches Recht nicht zwischen in- und ausländischen Leistungserbringern (Art. 132 ff. und Art. 5 Nr. 41 (Begriff des Dienstleistungserbringers) des Gesetzes über Leistungen der Gesundheitsvorsorge). Es sind keine Gründe ersichtlich, aus denen ein Verbot für das Kontrahieren mit den ausländischen Erbringern von medizinischen Dienstleistungen folgen sollte.
Wird ein direkter Vertrag mit einem ausländischen Leistungserbringer geschlossen, können die im Vertrag bestimmten Personen die Leistungen im Ausland in Anspruch nehmen.
Die Leistungen sollen dann nach dem Recht und gemäß den Standards erbracht werden, die am Ort der Leistungserbringung gelten, es sei denn, dass im Vertrag anderes bestimmt wurde. Werden die Fragen der Haftung für Behandlungsfehler vertraglich nicht gelöst, finden die allgemeinen Vorschriften Anwendung. Diese sollen nach den Kollisionsvorschriften der Rom II-VO ermittelt werden.

C. Verhältnis zwischen der KoordinationsVO und Patientenrechte-RL

Die VO ist sowohl auf planmäßige als auch ungeplante Behandlungen anzuwenden. Nach herrschender Ansicht erfasst auch die Richtlinie Notfallbehandlungen und geplante Behandlungen (Wollenschläger, S. 27; anders vgl. ErwGr 11 und Hernekamp/Jäger-Lindemann, ZESAR 2011, S. 404).

Die VO ist sowohl auf die Krankenversicherung als auch auf Unfallversicherung anwendbar (vgl. Art. 36 KoordinationsVO). Die Richtlinie auf die Gesundheitsleistungen, die aber nach allgemeinem Verständnis (vgl. Art. 3 lit. a) der RL - "Gesundheitszustand (...) zu erhalten oder wiederherzustellen") auch die Rehabilitation nach einen Unfall erfasst.

Grenzüberschreitend ist nach der RL die Gesundheitsversorgung dann, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als dem Versicherungsmitgliedstaat erbracht oder verschrieben wird. Für die VO ist dagegen entscheidend, ob der zuständige Staat und der Staat der Sachleistungsaushilfe auseinanderfallen (in der Regel - manchmal reicht der ausländische Wohnsitz aus).

D. Völkerrecht
Vollständigkeitshalber ist auf die deutsch-polnische Abkommen von 1975 und 1990 einzugehen.
Das Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 (BGBl. 1976 II S. 393; Dz.U. z 1976r. nr 16, poz. 101) bezieht sich auf Renten- und Unfallversicherung. Dagegen betrifft das Abkommen von 1990 im Allgemeinen die Soziale Sicherheit (BGBl. 1991 II S. 743 und DzU z 1991r. nr 108, poz. 468). Dies erfasst auch die Sach- und Geldleistungen wegen Krankheit
Im Rahmen ihres Geltungsbereichs tritt die VO 883/2004 an die Stelle aller zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abkommen über soziale Sicherheit. Einzelne Bestimmungen von Abkommen über soziale Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten vor dem Beginn der Anwendung dieser Verordnung geschlossen wurden, gelten jedoch fort, sofern sie für die Berechtigten günstiger sind oder sich aus besonderen historischen Umständen ergeben und ihre Geltung zeitlich begrenzt ist (Art. 8 Abs. 1 S. 1-2 VO 883/2004).
Nach Anhang II zur VO 883/2004 haben beide deutsch-polnische Abkommen nur noch eine geringe Bedeutung. Abkommen vom 9. Oktober 1975 über Renten- und Unfallversicherung gilt unter den in Artikel 27 Absätze 2 bis 4 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen (dh. in Bezug auf die Beibehaltung des Rechtsstatus auf der Grundlage des Abkommens von 1975 der Personen, die vor dem 1. Januar 1991 ihren Wohnsitz auf dem Hoheitsgebiet Deutschlands oder Polens genommen hatten und weiterhin dort ansässig sind). Artikel 27 Absatz 5 und Artikel 28 Absatz 2 des Abkommens über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 gelten hingegen hinsichtlich der Beibehaltung der Berechtigung zu einer Rente, die gemäß dem zwischen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und Polen 1957 geschlossenen Abkommen ausbezahlt wird; Anrechnung von Versicherungszeiten, die von polnischen Arbeitnehmern im Rahmen des 1988 zwischen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik und Polen geschlossenen Abkommens zurückgelegt wurden.
Zur Anwendbarkei des SozSichAbk POL und der damaligen VO 1408/71 sh. Urteil des EuGH vom 16.5.2013, Rs. C‑589/10 (Janina Wencel gegen Zakład Ubezpieczeń Społecznych w Białymstoku), ECLI:EU:C:2013:303); Literatur: Deutsche Rentenversicherung

Somit haben beide Abkommen vor dem EU-rechtlichen Hintergrund beschränkte Bedeutung.


E. Fazit
Die Patienten haben im Allgemeinen die Möglichkeiten das Angebot von medizinischen Leistungen in EU-Ausland wahrzunehmen. Es bestehen - teilweise konkurrierende - Rechtsgrundlagen, die dem Sachleistungsprinzip (VO 883/2004) bzw. Kostenerstattungsprinzip (RL 20122/24/EU) folgen. Der Patient darf sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen in Anspruch nehmen. Das Dickicht der Regelungen ist aber schwer überschaubar, sodass die Fordderung der Vereinheitlichung aktuell bleibt. Für Grenzregionen bieten die geltenden unionalen und nationalen Vorschriften wenige Erleichterungen. Hier bleibt eigentlich der völkerrechtliche Vertrag das Instrument zur Förderung der grenzübergreifenden Zusammenarbeit. Die Union hat diesbezüglich auch keine besonderen Befugnisse. Sie ruft nur die Mitgliedstaaten unverbindlich zur Kooperation auf (Art. 6 S. 2 lit. a) AEUV; Art. 10 Abs. 3 RL 2011/24/EU). Dem folgen aber nur wenige tatsächlichen Initiativen.


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